Ich habe euch Anna bereits vor ein paar Tagen vorgestellt. Anna hilft uns in der Wochenreihe herauszufinden, warum sie nicht aufräumen kann, obwohl sie weiß, dass es ihr guttun würde, wenn ihre Wohnung etwas ordentlicher ist.
Anna ist jetzt Mitte 20. Es ist Sonntag und sie entscheidet sich: Es reicht! In ihrem Leben muss sich etwas verändert. Sie will endlich in ihrem higher self ankommen und bleiben. Sie ist so ein toller Mensch, sie hat es endlich verdient, dass es ihr gut geht.
Es gibt in ihrer Nähe eine Gruppe. Dort treffen sich Menschen zum Meditieren. Vielleicht hilft ihr das, sich von all dem zu lösen und endlich mal Ordnung in ihr Leben und in ihre Wohnung zu bekommen. Annas Motivation ist aktiviert: Sie will und sie wird das schaffen. Wenn sie es nicht schaffen wird, wer dann? Sie hat schon so viel gewuppt.
Anna meldet sich online an, am kommenden Mittwoch ist das erste Treffen für sie. Es ist 19:10 Uhr. Anna geht die Treppen im Yoga-Zentrum hinauf in den 1. Stock. Es riecht nach Ölen, die Deckenleuchte ist gedimmt. Anna geht in den Raum, den sie sich Sonntag notiert hatte. Dort sind bereits ein paar Frauen. Alle sitzen im Kreis auf ihren Yoga-Matten und reden leise miteinander. Anna kommt in den Raum.
Die Frauen lächeln sie freundlich an. Das ist ein schönes Gefühl. Letztens beim Training im Fitness-Center hatte Anna das Gefühl, sie würde stören, als sie in den Raum kam. Das scheint hier anders zu sein. Eine freundliche Frau mit etwas verwuschelten Haaren zeigt ihr den Platz, wo sie sich dazu setzen kann und stellt sich als Beate vor. Beate leitet diesen Kurs. Es ist eine Mischung aus Gesprächsrunde und anschließender Meditation.
Anna ist gespannt. Beate beginnt den Kurs und bittet alle Teilnehmerinnen, tief zu atmen, die Atmung kurz anzuhalten, tief auszuatmen und erst mal in diesem Raum anzukommen. Nachdem Anna sich kurz vorstellen durfte, dürfen alle Teilnehmerinnen (und ja es waren nur Frauen) erzählen, wie es ihnen geht.
Anna ist zu aufgeregt, um allen aufmerksam zuzuhören. Sie merkt ihre Unruhe. Jetzt ist Lina an der Reihe. Lina war der Anna schon von Anfang an aufgefallen. Sie strahlt eine tiefe Ruhe und Herzlichkeit aus. Ist bildschön und lächelt unentwegt. Lina berichtet, dass sie sich erst heute wieder stark von ihrer Kollegin auf der Arbeit abgrenzen musste. Denn die Kollegin war so negativ und das tut Lina nicht gut. Lina hat entschieden, dass sie sich von niemand mehr in ihrem higher Self irritieren lässt. Lina berichtet, wie sich ihre Kollegin in völlig dramatischer Art und Weise darüber aufgeregt hat, dass sie die Beförderung nicht bekam, für die sie eigentlich vorgesehen war. Lina berichtete es ruhig und Anna wurde klar, dass sie gut Linas Kollegin hätte sein können. Sie konnte diese Ungerechtigkeit förmlich am eigenen Körper spüren, die Linas Kollegin da erlebte. Lina schien das nichts auszumachen. Lina erzählte, wie sie bei sich geblieben sei – in der Situation – und sich vor dieser Energie geschützt hat. Dass sie jetzt schon viel weiter sei als damals, als sie in diesen Kurs kam.
Dann sagte Lina etwas, was Anna aufhorchen lies. Anna war immer noch sehr angespannt und betroffen, weil sie anscheinend im Drama lebte, so wie die Kollegin von Lina. Sie merkte, wie dieses innere Gefühl, unfair behandelt worden zu sein, in ihr hochkam und sie der ganzen Welt erklären will, dass sie nichts falsch gemacht hat, aber es gemein war, wie man mit ihr umgegangen war. Anna schaut Lina an. Lina war so unglaublich schön. In Anna kroch Scham hoch. Sie hatte ein paar Pfunde zu viel und wusste auch, dass sie bei Weitem noch nicht soweit war, wie Lina mit den eigenen Emotionen umzugehen. Zurück zu dem, was Lina sagte. Sie fragte die Kursleiterin, wie ihre Kollegin denn da auch raus kommen könnte, aus dem Drama. Beate begann von dem Gesetz der Manifestation (und Anziehung) zu sprechen. Ein Erklärungsmodell, was beschreibt, dass man dieses Drama in sein Leben selbst anzieht.
In Anna dreht sich alles. Sie konnte nach dem Satz kaum noch zuhören: Sie hatte das Chaos in ihrem Leben selbst angezogen? Sie war schuld daran, dass Mama sie immer bei Papa angeschwärzt hat, wenn sie nicht im Haushalt helfen wollte? Sie war schuld, dass Eva immer wieder (wenn sie betrunken war) so gemein zu ihr war? Sie hatte sich das alles selbst manifestiert?
Anna wurde einfach richtig komisch in ihrem Körper. Sie schaute Lina an, die in ihrer Schönheit und Sanftheit in ihrem higher self auch noch darüber nachdachte, wie sie ihrer Kollegin helfen konnte, sie hörte Beate erklären, wie die Welt funktionierte. Anna selbst wurde innerlich immer weiter versteinert. Sie verstand plötzlich, was mit ihr los war, und sie musste in Betracht ziehen, dass sie all das selbst so in ihr Leben gezogen hatte. Sie merkte, dass sie das Drama brauchte und auch durchaus in ihrem Leben explodierte. Kein Wunder, dass sie mit der Ausstrahlung sich auch nur Scheiße ins Leben zog.
Versunken in den eigenen Gedanken hörte Anna plötzlich, wie Beate sie ansprach: „Anna, du bist dran. Was möchtest du uns von deiner Woche erzählen?“ Anna wurde heiß und kalt. Sie fing an zu stammeln. Sie merkte, wie unwohl sie sich fühlte, denn sie wollte nicht, dass die anderen denken, sie sei so wie Linas Kollegin, die nie in ihrem higher self ankommen wird.
Anna sammelte sich und berichtete darüber, dass sie gerade auf der spannenden Reise zu sich selbst sei und gerne für sich weiterkommen möchte. Damit ging es ihr gut. Anna schaute in die Runde. Es schien okay zu sein, was sie gesagt hatte. Beate nickte ihr freundlich zu. Lina schaute nicht. Lina hatte schon die Augen geschlossen, um sich zu sammeln.
Beate begann die Meditation. Es ging darum die Dinge loszulassen, die einem nicht gut tun.
Ein paar Monate später: Anna ging regelmäßig zu den Treffen. Jetzt gerade hatte sie jedoch keinen Kopf dafür. Sie hatte sich mit ihrem besten Freund gestritten. Er hatte ihr vorgeworfen, dass er nicht mehr mit ihr reden kann. Er wollte mit ihr über ein Problem mit seinem Vater sprechen. Anna hatte versucht, ihm zu erklären, dass er immer so negativ war und dass er vielleicht auch mal bei sich schauen sollte, ob er all das nicht ständig in sein Leben einladen würde.
Das hatte ihren besten Freund wütend gemacht. Er hatte das Gefühl, dass Anna ihn nicht versteht. Anna war klar, dass ihr bester Freund das Drama noch brauchte und darin lebte. Aber er war ihr bester Freund, sie wollte nicht, dass er immer im lower self blieb. Anna sitzt in ihrem Wohnzimmer und meditierte. Sie wollte sich von diesen negativen Gedanken frei machen. Ob sie sich nun von ihrem besten Freund verabschieden musste? Schließlich hatte Lina letztens erzählt, dass man prüfen sollte, mit wem man seine Zeit verbringt. Man sei der Durchschnitt der 5 Personen, mit denen man seine Zeit verbringt. Und sie verbrachte viel Zeit mit ihrem besten Freund. Seit der Schule waren sie immer ein Team. Aber ja, Anna hatte sich verändert. Sie wollte jetzt nur noch die schönen Dinge in ihrem Leben anziehen und vielleicht war es Zeit, die Freundschaft zu beenden.
Es war Freitag Nacht. Anna war zu Hause. Es war 0:30 Uhr und es klingelt an ihrer Tür. Ihr bester Freund stand völlig betrunken vor ihr. Er weinte und sah gänzlich mitgenommen aus. Sie fragte ihn, was denn los sei? Er schluchzte und erklärte ihr, dass sein Vater vor einer Stunde verstorben sei und er da nicht hinkönnte, weil er betrunken war und weil er den Streit nicht mehr lösen konnte.
Anna war irritiert und sie merkte, dass sie neben ihrer Betroffenheit noch etwas anderes spürte. Das Gefühl kannte sie nicht und daher ignorierte sie es erstmal und bat ihren besten Freund hinein.
Die Zeit danach war anstrengend für Anna, weil sie sich um ihren besten Freund kümmerte. Ca. 6 Monate später, ihr bester Freund saß auf ihrer Couch und wollte erneut über seinen Vater und den Streit reden, merkt Anna, wie genervt sie davon war. Immer wieder diese negativen Dinge und ihr fiel auf, ohne ihren besten Freund hatte sich nichts Negatives, mit dem sich auseinandersetzen musste. Sie merkt, wie ihr das ziemlich bitter aufstieß. Sie wollte das alles nicht mehr. In ihr kam der Gedanke hoch, dass wenn ihr bester Freund damals nicht so ein Drama gemacht hätte und den Streit mit seinem Vater beendet hätte, würde er sich jetzt durch den Tot des Vaters nicht so schuldig fühlen. Sie merkte, wie es sie nervte, dass er immer noch nicht bereit war, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen.
Anna bat ihn doch positiver in die Welt zu blicken. Loszulassen und sich selbst und seinem Vater zu verzeihen. Erst wenn er die Geschichte loslassen kann, wird es ihm besser gehen. Ihr bester Freund wurde sauer und sagte ihr, dass er das Gelaber mit dem positiven Denken langsam nicht mehr hören konnte, manchmal würde es einem einfach schlecht gehen und Anna würde ihm nicht mehr zu hören. Für Anna war es okay, wenn ihr bester Freund jetzt das Drama brauchte. Sie setzte sich so zu ihm, wie es Lina immer macht, aufrecht, zuhörend und ohne in das Drama mit einzusteigen. Sie lächelte ihn an und hörte zu. Nur machte das Lächeln ihren besten Freund sauer, er wurde wütend und fragte sie, wo ihre Empathie sei. Warum sie sich so verändert hatte? Er rastete völlig aus und Anna saß wie ein Baum und hörte zu. Je mehr sie zuhörte, desto wütender wurde ihr bester Freund. Anna merkte, dass sie nun ihr higher self im größten Sturm halten konnte. Nichts konnte ihr mehr passieren. Sie war stark gegen jedes Drama.
Als ihr bester Freund wütend ihre Wohnung verlassen hatte, öffnete sie Fenster und Türen und lüftete einmal durch. Der Geruch des Dramas musste aus ihrer Wohnung raus. Sie fühlte sich frei und gut. Sie wollte sich vorbereiten. Denn in einer Stunde wollte Lina zu ihr kommen. Lina hatte sie nach dem ersten Kurstreffen angesprochen und seitdem trafen sie sich zwei Mal die Woche. Lina kam immer zu ihr. Das half Anna, ihre Wohnung in Ordnung zu halten. Sie wollte Lina nicht im alten Chaos begrüßen. Schließlich hatte Anna das alte Muster losgelassen und es ging ihr gut damit. Alles war gut und sie hatte die große Prüfung geschafft und sich nicht ins Drama reinziehen lassen.
Anna saugte noch schnell durch, ging duschen und freute sich wie jedes Mal auf Lina. Fast ein Jahr trafen sie und Lina sich nun regelmäßig und meditierten und übten das Leben in Wundern zu sehen. So viel hatte sich für Anna schon zu Positiven gewendet. So gut, dass sie jetzt sogar sich emotional nicht mehr mitreißen lies. Es war 20:00 Uhr. Eigentlich wollte Lina um 19:30 Uhr schon bei Anna angekommen sein. Anna schreibt Lina, ob es ihr gut geht.
Lina antwortet nicht. Anna wartet. Um 21 Uhr klingelt Annas Handy. Lina ist dran. Sie hört die Wärme durch Linas Stimme. Anna hat sich Sorgen gemacht, will sich das aber nicht anmerken lassen. Denn sie will nicht behaftet sein in ihren Sorgen, sie will dem Leben vertrauen.
Lina redet leise. Anna muss genau zuhören, damit sie jedes Wort versteht. Lina bittet Anna um Entschuldigung, dass sie sich nicht gemeldet hat. Sie wurde von einer anderen wunderbaren Seele gebraucht. Lina erzählte Anna, dass sie vor ein paar Monaten abends einen tollen, sensiblen und aufrichtigen Mann kennengelernt hatte. Dieser Mann stand heute Abend plötzlich vor ihrer Tür und brauchte ihre Hilfe. Er war in seinem inneren Kind zutiefst von einer guten Freundin verletzt worden und brauchte einfach einen Raum der Liebe und Akzeptanz. Und daraus wurde ein so intensives Gespräch, dass sie ganz vergessen hatte, auf die Uhr zu schauen. Es tat ihr leid, aber sie wusste auch, dass Anna sie verstehen würde. Schließlich sei Anna auch eine sensible Seele und würde spüren, wenn was anderes dran ist.
Ja; das verstand Anna. Liebe zu schenken war immer wichtiger, als alles andere. Das hatte sie verstanden.
Ein paar Tage später, Anna saß im Kursraum im Yogazentrum, überlegte sie, ob Lina heute auch kommen würde. Sie hatte nichts mehr von ihr gehört. Die Tür ging auf und Lina kam genau in dem Moment hinein. Anna grinste, ja so geht das mit den Wünschen. In der neuen Zeit werden sie direkt erfüllt. Lina lächelte Anna zu und drehte sich um und sagte: „Du kannst deine Schuhe hier vor der Tür stehen lassen!“ Anna war überrascht, dass Lina anscheinend jemanden mitbrachte. Als sie sehen konnte, wer da zur Tür hineinkam, zog sich alles in ihr zusammen: Da stand ihr bester Freund. Der Drama-Freund, von dem sie sich erfolgreich gelöst hatte. Er stand mit Lina – Hand in Hand – im Raum und begrüßte alle. Die anderen Teilnehmerinnen freuten sich, dass sich mal ein Mann traute mitzumachen. Er lächelte Anna kurz an und setzte sich dann zu Lina.
Anna fühlte sich schrecklich. Ihr ehemals bester Freund sah wie ausgewechselt aus. Und plötzlich – ganz plötzlich – in einem riesen inneren Bild wurde Anna klar, was passiert war. Lina war der schönste Mensch, den Anna kannte und damit wurden auch die Menschen um Lina herum schön. Ihr bester Freund war nicht im Drama, sie war im Drama. Sie hatte sich das Drama in ihr Leben manifestiert.
Anna merkte, wie alle negative Gefühle in ihr hochkamen. Hass, Neid, Eifersucht, Angst und all das, was sie nicht mehr fühlen wollte. Sie merkte, wie sie aus ihrem higher self rausknallte und kaum noch Luft bekam. Gleichzeitig stieg eine unendliche Kraft in ihr auf. Jetzt hatte sie den Casus Knacksus. Sie verabschiedete sich aus der Runde und sagte, dass es ihr nicht so gut ginge und ging raus. Sie musste dringend mit jemanden sprechen. So viele Glaubenssätze hatte sie in sich noch nie gefunden. Die musste sie sofort in positive Affirmationen umwandeln.- Denn wenn sie all das endlich loslassen konnte, dann würde sie es endlich schaffen.
Anna beschäftige sich die nächsten Wochen damit, wie sie ihre Entwicklung weiter optimieren konnte. Mit Lina und ihrem ehemals besten Freund traf sie sich noch, weniger als früher, aber sie waren beide noch an ihrer Seite. Anna wollte sich ganz auf sich und ihre Entwicklung konzentrieren. Anna kämpfte mit ihren inneren Themen, meditierte und stand jetzt immer schon ne Stunde früher auf, damit sie morgens schon ihr Journal und Dankbarkeitstagebuch schreiben konnte.
Anna wollte es einfach richtig machen. Denn sie sah um sich herum so viele Menschen, die ihr Lebenswunder leben durfte. Sie musste da nur durch gehen.
Es war der 5.5. als Lina Anna anrief und sagte, dass sie schwanger sei. Es war der 7.5. als Anna sich bei ihrem Arbeitgeber krank meldete. Es war der 18.7. als ihre Mutter sie in die Klinik fuhr, weil Anna zusammengebrochen war. Annas Mutter war erschrocken, wie Annas Wohnung aussah. Aber Anna war früher schon nicht bereit, im Haushalt zu helfen. Das hatte sich bis heute nicht geändert. Die Ordentlichste war sie nicht.
Anna hatte keine Kraft mehr. Burn Out war die Diagnose. Anna blieb 8 Wochen in der Reha-Klinik. Ihr Arbeitsvertrag wurde nicht verlängert. Aber das war Anna egal, Anna wollte erstmal gesund werden und sie wollte endlich Ordnung in ihrer Wohnung erleben. Jetzt, wo es ihr so schlecht ging, konnte sie noch weniger aufräumen. Es viel ihr schwer. Es war schwer. Ihr Körper fühlte sich seit dem Zusammenbruch schwer an. Das Gefühl war noch nicht wieder da. Nächste Woche war sie zu einer Hochzeit eingeladen. Die Hochzeit von Lina.
Anna meditierte jetzt einmal am Tag. Wenn sie es schaffte. Aber im Moment ging es noch nicht, sie war noch zu müde. Sie merkte, wie die Wohnung sie wieder erdrückte. Keine Ordnung. Kein Higher self. Aber sie wusste, dass sie all das selbst in ihr Leben gezogen hatte. Das hatte sie jetzt verstanden. Sie hatte verstanden, dass ihr Ego ihr einen Streich gespielt hatte… aber sie war positiv und Blickte positiv in die Zukunft. Wenn sie all das losgelassen hatte, wird auch alles wieder gut.
Ich dachte nicht, dass die Frage in meinem Buch, ob wir den Zusammenbruch wirklich zulassen, nun so schnell Realität wird. Dennoch mag ich dich einladen, weiterzulesen und weiter zu verstehen.